Wie “Mann“ mit Hilfe eines Hausprojekts eine Mitgliederversammlung kapert oder Demokratie im Verständnis der BMG e.V.

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08/11/2016 von bmgwatch

Seit nunmehr fünf Jahren dürfen sich die beratenden Anwält_innen den Vorwurf des amtierenden Vorstandes und der Mieterechoredaktion gefallen lassen, sie würden die Berliner Mietergemeinschaft e.V. übernehmen und zum Mandatsbeschaffungsverein machen wollen. Da sie bislang dabei nicht erfolgreich waren, demonstrierte der Chefredakteur des Mieterechos und seine prekäre Gefolgschaft am Montag, 31.10.2016 wie das funktioniert:

Man nehme 17 alte Kampfgenossen aus den 70er und 80er Jahren der ehemaligen Frontstadt Westberlin, „zufällig“ Mieter_innen desselben ehemals besetzten Hauses und dazu alle prekär Beschäftigten einer bunten Vereinszeitschrift mit dem Jahresetat einer Boulevardzeitung, und beleidige zweieinhalb Stunden lang alle Kritiker_innen des Vorstands, bis so viele ahnungslose Vereinsmitglieder den Saal verlassen, dass die Mehrheitsverhältnisse klar geregelt sind.

Aber der Reihe nach.

Der alte Mann, der gern von den 50er und 80er Jahren einer glorreichen Vereinsgeschichte schwärmt und nicht müde wird, der SEW-Dominanz der Vereinsgeschichte nachzutrauern, hielt am 31.10.2016 im Mehringhof auf der Mitgliederversammlung der BMG e.V. des Bezirks Kreuzberg nahezu den gleichen Bericht des Vorstands wie vor zwei Jahren. Damals wie heute ist er nicht Vereinsvorstand, das hat das Landgericht festgestellt, und das Vereinsregister verweigert die Eintragung, trotzdem fühlt er sich weiterhin berufen, als Vorstand aufzutreten und die Schwerpunkte des Vereins „aus Sicht der Mieterechoredaktion und damit der BMG“ darzulegen. Es sind die bekannten Ausführungen zur Notwendigkeit eines neuen kommunalen Wohnungsbaus. Daneben soll die Zweckentfremdung in Form von Ferienwohnungen zweites Schwerpunktthema sein. Zukünftig soll auch der Milieuschutz stärker bedacht werden, vor allem wegen der Möglichkeit des Vorkaufsrechts. Alles sehr vage, alles ohne Konzepte und Bündnispartnern zur realistischen Durchsetzung.

Auch die altbekannten Erklärungen zur Satzung des Vereins, entstanden in Zeiten, wo man eine Mitgliederzahl im unteren dreistelligen Bereich und damit eine Mitgliedschaft mit „Bewegungsenthusiasmus“ hatte, die nach seinen Worten schon in den 80ern hoch problematisch war, werden monoton und lustlos vorgetragen. Und auch wieder die Mär von den Versuchen der Geschäftsstelle, den Verein in den 90er Jahren zu dominieren und sich „oppositionell zu seiner ursprünglichen Zielsetzung“ zu verhalten, was „zu ihrer Entlassung führen musste“.

Aber er fordert eine „Schärfe der Konturen des Vereins und eine klarere Struktur“, auch das bleibt wie so vieles schwammig und vage.

Auch der Bericht der Bezirksgruppe, vorgetragen von Grischa Dallmer (Kamerastativhalter des „Mietrebellenteams“), beginnt mit einem Loblied auf die Satzung, die die „lange Tradition der Selbstorganisierung der Mieter“ widerspiegle, und einer Beschwörung „des imperativen Mandats der Delegierten“. Er bereitet die Gefolgsleute auf die kommenden Auseinandersetzungen vor. Geflissentlich verschweigt er, dass sein Bericht keine Zustimmung der Bezirksgruppe gefunden hatte. Es gibt ja auch nichts zu berichten, außer Beschimpfungen der Delegierten, die sich nicht die Zustimmung der Bezirksgruppe eingeholt haben, bevor sie ihre satzungsgemäßen Rechte geltend gemacht haben.

Es geht nicht darum, irgendeine Bezirksgruppe zu haben, sondern sie müsse einen progressiven Ansatz haben, nicht irgendeine Gruppe, die sich nur fürs Wohnen interessiert.

Der alte Mann nickt zufrieden bei jedem Absatz.

Einer der gescholtenen Delegierten, Rouzbeh Taheri, ergreift sofort das Wort, um den Bericht der Bezirksgruppe aus seiner Sicht zu halten. Er zeigt die Konflikte auf, die die Bezirksgruppe dominierten und sie an einer konstruktiven Arbeit hinderten. Er erklärt auch, warum er sich gemeinsam mit anderen Delegierten für einen Antrag beim Vereinsregister zur Durchführung von Wahlen in anderen Bezirken einsetzte, nachdem deren Anträge vom Vorstand mehrere Monate lang ignoriert wurden, obwohl die Satzung einem Drittel der Delegierten das Recht einräumt, Wahlen in den Bezirken zu fordern. Wenn der Vorstand die satzungsgemäßen Rechte nicht gewährleistet, bleibt nur der Gang zum Gericht, sonst kann man seine Arbeit als gewählter Delegierter, der mit dem Versprechen gewählt wurde, sich für Wahlen in allen Bezirken einzutreten, nicht erfüllen.

Auch Birger Scholz, stellvertretender Delegierter und vom Delegiertenrat gewählter Rechnungsprüfer ist enttäuscht vom Vorstand und dessen Demokratieverständnis. Er schildert die Behinderungen seiner Arbeit bei der Prüfung der Rechnungen. Er spricht von „unhaltbaren Zuständen“, fehlenden Finanzplänen, die eine Kontrolle unmöglich machen.

Der Vorstand tut alles dafür, um diese Intransparenz aufrechtzuerhalten.

Begleitet werden diese Beiträge von unqualifizierten Bemerkungen wie „Heul doch“ und langgezogenen „Ooohhhs“ u.ä.

Mehrere Redner_innen zeigen sich entsetzt über die dargelegten Konflikte in dem Verein. Einige Mitglieder verlassen verschreckt den Saal, wieder andere erinnern daran, warum sie eingetreten sind. Sie fragen sich, wo denn die rechtliche Beratung und Vertretung der Mieter_innen bei ihren alltäglichen Mietrechtsproblemen bleibt.

Kerstin, ewige stellvertretende Delegierte, erklärt daraufhin vom Podium ihr Demokratieverständnis. BMG – das heißt für sie „Demokratie nur für Aktive“. Sie stimme sogar in einigen Punkten mit Rouzbeh überein, aber er wäre derjenige, „der das Porzellan zerbrochen habe“.

Er wollte die Bäckerei übernehmen und nicht mit den anderen die Brötchen backen

– so ihre altkluge Erklärung. Der alte Mann freut sich über die Wiedergabe seines Zitats.

Er beschimpft sogleich die „Faktenfreiheit“ der geäußerten Kritik. Er habe ja schließlich den Zettel mit den Zahlen. Unbeholfen liest er daraus vor. Er lobt den Mitgliederzuwachs im Bezirk Neukölln, dessen Bezirksgruppe nahezu vollständig dabei ist und später die Wahlleitung ohne Mandat der Versammlung okkupiert.

Da passt nun natürlich Philipp als williger Vertreter der Bezirksgruppe Wedding in die Rednerliste. Im Wedding sei alles sehr harmonisch. Man sei sich einig, dass man keine Delegierten wählen wolle. Wörtlich:

Wir trauen uns noch nicht zu, Delegierte zu wählen.

Natürlich darf auch die Geschichte von den manipulierten Wahlen in Bezirken nicht fehlen, in denen Anwält_innen (igitt) mit Hilfe ihrer Verwandten und Mandant_innen sich zu Delegierten haben wählen lassen. Grischa scheint dafür nunmehr zuständig zu sein. Ohne rot zu werden, unterstellt er zum wiederholten Male, dass Mieter_innen ja ihre Anwälte wählen müssten, vor allem wenn sie in den nächsten Tagen Gerichtstermine mit ihnen hätten, sonst würden sie vielleicht verlieren.

Sehr mahnend und auch wohltuend wirkt das Statement von Ringo. Zwar holt er mit Blick auf den alten Mann etwas mit Lob auf das Mieterecho aus, um darauf hinzuweisen, dass es ihn besorgt, wenn die Kritik dieselbe ist, wie vor drei Jahren, aber immer wieder von anderen vorgetragen wird, Leuten, denen er vertraut, auch nachdem sie Einblick in die Strukturen erhalten hätten. Sein Eindruck ist, „der Vorstand trickst unter aller Sau.“

Schnell wird von der findigen Marie (Maskottchen des Mietrebellenteams) die Rednerliste geschlossen, nachdem das Hausprojekt unruhig wird, da die Zeit voranschreitet und das Bier warm wird. Ohne Abstimmung übernehmen die Aktiven aus Neukölln die Wahlleitung. Unerwartet werden die fünf Kandidaten auf die drei Delegiertenmandate (Kerstin, Grischa, Nicole, Rouzbeh und Birger) aufgefordert, ihre Personalausweise vorzulegen. Auf Rouzebehs Einwand, dass er keinen Perso habe, wird plötzlich behauptet, dass er keinen Wohnsitz in Kreuzberg hätte. Fast geht dieser Trick in dem allgemeinen Tumult unter. Die Situation beginnt zu eskalieren, bis die Wahlleitung es plötzlich doch ausreichen lässt, dass er das Mieterecho mit seiner Kreuzberger Adresse vorweist.

Es kommt wie es kommen muss, mit je gleichen 25 stimmt der alte Mann das gewünschte Ergebnis und sieht zufrieden aus. Bei den Wahlen zu den Stellvertretern finden sich nur zwei Kandidaten. Auch Marie, mit ihrer Jugend kokettierend, die sie leider daran gehindert habe, schon in den 0ern aktiv zu sein, wird mit 22 Stimmen gewählt. Es wird noch versucht, Rouzbeh daran zu hindern, Stellvertreter zu werden, indem plötzlich zu Gegenstimmen und Enthaltungen aufgefordert wird, die im ersten Wahlgang keine Rolle spielten. Da immer mehr Leute den Saal verlassen, wird schließlich auch das aufgegeben.

Der alte Mann fragt noch nach dem letzten Tagesordnungspunkt, aber die Meute verlässt den Saal. Für die Perspektiven der Arbeit des Vereins in dem Bezirk reichte das Engagement der Kohlfurther Hausgemeinschaft dann nicht mehr. Der Erfolg muss gefeiert werden.

Arme BMG, wie lange wollen sich deren Mitglieder noch als „Stimmvieh“ beschimpfen lassen?! Es war eine bemerkenswerte Demonstration der Mitglieder und demokratieverachtenden Vorstandspolitik. Oder anders: wie billig kann in angeblich linken Kreisen korrumpiert werden.

Und wie lange werden stadtpolitische Aktive noch mit einem so demokratieverachtenden, hierarchischen und unsolidarischen Verein zusammenarbeiten, der jedes Engagement, welches die Gebaren des Vorstands hinterfragt oder gar kritisiert, einer diskriminierenden und verachtenden Schlammschlacht unterzieht, bis sich die Betroffenen resigniert zurückziehen?!

2 Kommentare zu “Wie “Mann“ mit Hilfe eines Hausprojekts eine Mitgliederversammlung kapert oder Demokratie im Verständnis der BMG e.V.

  1. peps sagt:

    Zitat: „Ohne rot zu werden, unterstellt er zum wiederholten Male, dass Mieter_innen ja ihre Anwälte wählen müssten, vor allem wenn sie in den nächsten Tagen Gerichtstermine mit ihnen hätten, sonst würden sie vielleicht verlieren.“

    Ich kenne es ja so, dass Personenwahlen geheim sind. Ziemlich überall und sogar bei der BMG. Da wissen die *pösen Anwälte* doch gar nicht, welchen Prozess sie verlieren müssten m(

    *…und die Suche nach intelligentem Leben geht weiter, nachdem sie bei der BMG erfolglos verlaufen ist…*

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  2. […] Wie schon aus der Berufungsbegründung deutlich wird, stellt der Vorstand uns Mitglieder als eine passive Masse („Stimmvieh“) dar, die keinerlei Interesse an aktiver Mitbestimmung in der zweitgrößten Interessenvertretung Berliner Mieter_innen habe, sondern lediglich der Rechtsschutzversicherung wegen Mitglied geworden sei. Jede Eigeninitiative der Mitglieder wird seit Jahren vom Vorstand behindert, die Wahlen in den meisten Bezirken verweigert, erfolgreiche Beratungsstellen, wo Mieter_innen nicht nur Beratung abholen sondern sich vernetzen und gegenseitig unterstützen, zerschlagen, und über die Verwendung unserer Beitragsgelder keine Rechenschaft abgelegt. […]

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